Das Bieler Tagblatt scheibt in seiner Ausgabe vom 13. September: Der Täuffeler Nils Schneider ist nach seinem Übertritt zur Elite erstmals für eine Weltmeisterschaft selektioniert worden.
Am Wochenende beginnt mit den Weltmeisterschaften in Tschechien der Saisonhöhepunkt der Ruder-Elite. Im Schweizer Doppelvierer sitzt der Täuffeler Nils Schneider, der gemeinsam mit Patrick Brunner (Seeclub Sempach), Kai Schätzle (Seeclub Luzern) und Dominic Condrau (Ruderclub Rapperswil-Jona) die jüngste Mannschaft im Teilnehmerfeld bildet.
Zunächst habe er um seine Teilnahme gebangt, sagt das 23-jährige Mitglied des Seeclub Biel. Denn es sei noch offen gewesen, wer von der älteren Garde einen Platz erhalten würde und wie der neue Nationaltrainer auf die Jungen reagieren würde. Am Ende vertraute Ian Wright der aus der Schweizer U23 nachgerückten Generation. «Ich bin megaglücklich», sagt Schneider, der nach seiner ersten EM-Teilnahme bei der Elite vor einem Monat in München auf höchster Ebene nun auch zu seinem WM-Debüt kommt.
Trainieren, essen, lernen und schlafen
Die Trainings unter Wright seien sehr nahrhaft. «Wir trainieren dreimal am Tag hart und mit viel Umfang», sagt Schneider, der in seiner ersten kompletten Elite-Saison an höhere Ziele herangeführt wird. Aktuell steht das sogenannte «Tapering» im Vordergrund, die wichtige Erholungsphase vor dem Wettkampf. Mit lediglich noch leichten Einheiten werde nicht nur dafür gesorgt, dass die Schweizer Delegation frisch und bei vollen Kräften das WM-Programm rudern könne. «Wir holen uns auch viel Moral», so Schneider, der mehr Zeit für die Erholung hat und seine Kohledydratspeicher füllt.
Trainieren, Essen, Lernen und Schlafen – hauptsächlich auf diese Tätigkeiten beschränkt sich Schneiders Alltag im Leistungszentrum in Sarnen. Seit drei Jahren lebt der Seeländer im Kaderhaus, das früher ein Internat gewesen war. Er habe das Glück, ein Einzelzimmer erhalten zu haben. «Es ist zwar nicht gerade gross, aber ich benötige hier nicht mehr», sagt Schneider. Einige Kollegen sind in Mehrbettzimmern. Das Badezimmer und die Küche würden von allen gemeinsam genutzt. «Wir bereiten in Gruppen das Morgen- und Abendessen vor», erzählt der Täuffeler. Sozusagen Teambuilding in der Küche, damit es auf dem Wasser noch besser harmoniert. Das Mittagessen wird von auswärts angeliefert.
In der grossen Männer-WG gibt es manchmal Konflikte
Man habe es in der grossen Männer-WG gut miteinander, sagt Schneider. Es sei normal, dass zwischendurch auch Konflikte entstünden. «Dann lassen wir die Energie heraus und sagen uns kurz die Meinung.» Fünf Minuten später sei wieder alles in Ordnung. «Wenn es etwas länger braucht, habe ich den Heimvorteil meines Einzelzimmers und kann mich zurückziehen.»
2023 wird entscheidend
Erfolgsdruck lastet schon genug auf den Schultern des Spitzensportlers. Für die Olympischen Spiele in Paris 2024 geht es zwar erst im nächsten Jahr um Quotenplätze. «Je früher wir die geforderten Resultate liefern, desto besser können wir in Ruhe weiterarbeiten.» Bevor im Winter die körperlichen Grundlagen für das wegweisende 2023 gelegt werden, wollen die vier aufstrebenden Teamkollegen im Doppelvierer in Racice Präsenz markieren. «Wir wollen herausfinden, wie es an einer solchen WM so tut. Als Jüngste werden wir der Konkurrenz zeigen, dass mit uns zu rechnen ist, und ihnen zu verstehen geben, dass wir im darauffolgenden Jahr nur noch besser zurückkehren werden.»
Zielvorgabe für die Schweizer an der WM in Tschechien ist der Einzug in den A-Final. Letztlich geht es für die jungen Wilden aber vor allem auch darum, Erfahrung an der Weltspitze zu sammeln. «Unser Trainer meint, wir sind eines der Boote, das am perfektesten rudert», sagt Schneider. Das grösste Potenzial hätten sie noch im Kraftbereich. Auch diesbezüglich dürfte die intensive Arbeit unter Wright bald Früchte tragen.
Text: Bieler Tagblatt, Francisco Rodriguez
Foto: Swiss Rowing, Detlev Seyb